Farbe als Ausdrucksmittel
Farben können beim Malen durchaus heilende Wirkung entfalten.
Gerade in der Heilpädagogik kommen kunsttherapeutische Ansätze zum Einsatz, die auf diesem Effekt aufbauen.
Eine wesentliche Bedingung für die gesunde Entwicklung eines Kindes ist das kindliche Spiel. Beim heilpädagogischen Ansatz geht die kreative Auseinandersetzung mit bildnerischen Medien genau darauf zurück. „Die künstlerische Tätigkeit beim Umgang mit Farben ist ein nonverbales und emotionales Ausdrucksmedium. Das schafft Zugangs- und Begegnungsräume, die dazu beitragen, Isolation und Ängste zu reduzieren, Identitätsgefühl und Selbstvertrauen zu stärken”, so Christine Stuhler-Seitel, selbstständige Heilpädagogin in eigener Praxis in Ziemetshausen.
Für wen bietet die heilpädagogische Kunsttherapie Unterstützung?
Gerade im Frühförderbereich, also im Grundschulalter und der Vorschule, bietet der Umgang mit Farben bei Sprachentwicklungsstörungen wie Stottern oder Mutismus eine andere Möglichkeit des Ausdrucks. Der schöpferische Prozess wird so zum nonverbalen Ausdrucksmittel. Sprachhemmungen, die oft mit der Diagnose „wenig bzw. falsches Sprechen” einhergehen, können so abgebaut werden. „Bei Kindern und Jugendlichen ist die Kunsttherapie, genauso wie bei Erwachsenen, ein ganzheitlicher Ansatz zur Förderung der individuellen Ausdruckskraft”, erläutert Gabriele Schalk, Heilpädagogin aus Augsburg, diese Methode ihres Fachgebietes, „sie wirkt konstruktiv und beziehungsfördernd.”
Wie kann die Beschäftigung mit Farbe dies leisten?
Aber auch bei emotionalen Belastungen und Traumatisierungen leistet das Medium Farbe einen wertvollen Beitrag zu Orientierung und Stabilisierung
Dazu vielleicht ein Beispiel: Tim ist ein fünfjähriger Junge mit Sprachentwick-lungsstörung. Seine Ausdrucksfähigkeit ist vermindert, sein Selbstwertgefühl nicht besonders ausgeprägt. Er malt regelmäßig, seine Bilder werden mit der Zeit größer. Tim produziert etwas, das auch seine Eltern mit Stolz erfüllt, sodass das Bild einen Ehrenplatz bekommt. Dieses Lob und die Anerkennung fördern den Dialog und die Interaktion zwischen ihm und seinen Eltern und erzielen eine positive Rückwirkung auf den Fünfjährigen. Denn er erfährt, dass auch er etwas schafft und eine Ausdrucksfähigkeit besitzt, auch wenn sie nicht sprachlich ist. Die Eltern erleben Tim dadurch viel positiver. So kann er durch den Kontakt zu Farben in Begegnung mit anderen Menschen treten und letztendlich nach mehreren Therapiestunden seine Sprachhemmung ablegen.
Weitere positive Effekte des Malens
Malen beruhigt. Die Pinselstriche geben den Atemrhythmus vor und beeinflussen die Atemfrequenz. Die Kinderfinden zu sich und entwickeln ihre Kreativität und einen persönlichen Ausdruck. Außerdem fördert die Beschäftigung am eigenen Bild die Konzentration. Kein Wunder also, dass all diese positiven Effekte therapeutisch genutzt werden. Sollten wir also nicht alle mal öfter den Griff zu Farbe und Pinsel auch zu Hause wagen? (ab)
liesLotte – Familienmagazin für Augsburg, Schwaben und Allgäu – Heft 40, (Juni/Juli 2016)